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ADHS oder ADS– was bedeutet das?

ADHS ist die Abkürzung für Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung und bezeichnet eine Verhaltensstörung von Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen, die durch Auffälligkeiten in folgenden drei Kernbereichen gekennzeichnet ist:

Bei ADS fehlt die Hyperaktivität. Betroffene Menschen lassen sich leicht ablenken, sind verträumt und ihre Problematik bleibt zunächst oft unerkannt.

Auf diesen Seiten möchten wir Sie gerne über die Diagnose und unsere Therapiemöglichkeiten informieren. Dabei möchten wir besonders darauf hinweisen, dass wir an den Ressourcen betroffener Menschen ansetzen und lösungsorientierte Konzepte anwenden. Als Beispiel sei hier auch die Autorin Astrid Lindgren erwähnt, die auf liebevolle Weise den „Michel aus Lönneberga“ beschrieb, den wohl die meisten von Ihnen kennen. Wer sich die Geschichte genauer anschaut, wird schnell erkennen, dass Michel ein ganz besonderer Junge war, der viele Ideen hatte, kreativ war, sich für andere einsetzte und auch waghalsige Aktionen startete.

Eltern betroffener Kinder und auch Lehrkräfte werden dies sicher bestätigen, dennoch ist es im Alltag zuhause und in der Schule oft eine große Herausforderung und kostet viel Kraft, betroffene Kinder durch die Schule zu führen. Die Symptomatik der AD(H)S verändert sich in vielen Fällen mit dem Erwachsenwerden und schwächt sich ab.

Wann beginnt ADHS?

Kinder werden mit ADHS geboren. Meist sind sie unruhiger als andere Kinder und die Problematik fällt auch im Kleinkindalter auf. Besonders schwierig wird es in Gruppen, wenn Regeln einzuhalten sind, wenn sie etwas nicht interessiert oder andere Themen wichtiger sind. Oftmals heißt es, dass das Kind stundenlang mit Lego spielen und demnach ja nicht hyperaktiv sein können. Menschen mit ADHS können sich sehr wohl konzentrieren, so lange sie an etwas interessiert sind. Sie können eine Sammelleidenschaft entwickeln und sich in ein Thema intensiv einlesen oder mit Eifer Schach spielen. Routineaufgaben oder Themen, die sie nicht begeistern, werden jedoch schnell ausgeblendet oder vergessen.

Anforderungen an Eltern und Pädagogen/innen

Eltern betroffener Kinder stehen vor der großen Aufgabe, geduldig und ruhig zu bleiben, wenn das Kind sich nicht angemessen verhält. Dies ist angesichts der vielfältigen Belastungen des heutigen Alltags, der beengten Wohnverhältnisse in einer Stadt und der Bedürfnisse eines ADHS-Kindes nicht immer möglich. Für Lehrkräfte ist das Zappeln und Stören ebenfalls eine Herausforderung, dem sie mit entsprechenden Ermahnungen entgegenzuwirken versuchen. Dazu kommt, dass manche Kinder zusätzliche Entwicklungsverzögerungen haben, sich zuweilen auch weitere Lernstörungen wie Legasthenie oder Dyskalkulie dazugesellen und auch feinmotorische Defizite - insbesondere beim Schreiben - auftreten. Aufgrund der hohen Impulsivität oder einer Ungeschicktheit sind Verletzungen oder Unfälle auf dem Schulhof, beim Spielen oder im Straßenverkehr nicht selten.

Schule und Hausaufgaben

Für viele Familien steigen die Belastungen, wenn ihre Kinder in die Schule gehen. Bei Kindern mit ADHS sind die Anforderungen eines langen Schultags mit stundenlangem Sitzen jedoch oft nur schwer zu bewältigen. Kommen am Nachmittag noch die zusätzlichen Lernzeiten hinzu, ist das Pensum häufig zu groß. Die Kinder verweigern das Lernen, es entstehen weitere Diskussionen mit den Eltern, die für beide Seiten meist unerfreulich enden. Innerhalb der Schule wird häufig das Fehlverhalten des Kindes angemahnt. Es fehlen Freunde, da das Kind aufgrund der Impulsivität Dinge sagt oder tut, die zu Konflikten führen. Häufig entsteht eine Art Teufelskreis, in welchem zusätzliche Lernstörungen die schulische Entwicklung sowie das Selbstwertgefühl beeinträchtigen.

Diagnose der ADHS

Wurde nicht bereits im Kleinkindalter eine ADHS diagnostiziert, so steht dies meist mit dem Eintritt in die Schule an. Die Diagnostik ist sehr aufwändig und wird im Idealfall durch eine/n Kindes- und Jugendpsychiater/in nach entsprechend definierten Leitlinien durchgeführt. Dazu sind eine Reihe von Fragebögen und weitere Untersuchungen notwendig, die über das Verhalten des Kindes in den unterschiedlichen Lebensbereichen Auskunft geben. Dabei kann auch eine zusätzliche Problematik wie eine Legasthenie oder Dyskalkulie festgestellt werden.

Unterstützung im häuslichen Bereich

Unabhängig davon, ob eine ADHS bereits diagnostiziert wurde oder nicht, ist es wichtig, dass Sie als Eltern etwas unternehmen oder verändern. Auch Lehrkräfte oder pädagogische Fachkräfte erleichtern sich den Umgang mit betroffenen Kindern, wenn sie sich über das Störungsbild gut informieren. Dies ist unter dem Begriff „Psychoedukation“ zusammengefasst und soll aufzeigen, wie Sie den Umgang mit betroffenen Kindern für alle Beteiligten erleichtern. Sicherlich wird auch nach einer umfangreichen Information nicht alles glatt laufen, doch ist es erleichternd, die Hintergründe des Verhaltens zu verstehen und darauf entsprechend zu reagieren. ADHS zu verstehen bedeuten natürlich nicht, das Verhalten des Kindes jederzeit zu verstehen und das Kind gewähren zu lassen. Erziehen bedeutet, das Kind auf das Erwachsenwerden vorzubereiten, damit es alleine im Leben zurechtkommt und glücklich wird.

Bewährt hat es sich, klare und überschaubare Regeln aufzustellen, die auch konsequent eingehalten werden müssen. Loben Sie Ihr Kind, wenn es etwas gut gemacht oder sich bemüht hat. Stärken Sie die positive Beziehung zu Ihrem Kind und sorgen Sie dafür, dass auch Zeit für gemeinsame Aktivitäten außerhalb von Schule und Pflichten möglich sind. Gehen Sie mit Ihrem Kind raus in den Wald und in die Natur, treiben Sie Sport und freuen sich über die vielen guten Eigenschaften Ihres Kindes.

Therapien und weitere Maßnahmen bei ADHS

Nach einer Diagnose bespricht der/die Kinder- und Jugendpsychiater/in mit den Eltern die weiteren Schritte. Neben verhaltenstherapeutischen Maßnahmen wird dabei auch eine medikamentöse Therapie vorgeschlagen, die in erster Linie die Impulskontrolle sowie die Konzentrationsspanne beeinflussen soll. Das Thema „Medikation“ muss medizinisch abgeklärt werden und bedarf entsprechender Erfahrung.

In unserer Einrichtung kommen nichtmedikamentöse Verfahren zum Einsatz. So bieten wir Verhaltenstherapien in Einzelsitzungen, Neurofeedback sowie das Gruppenangebot, den "Attentioner" an.

Verhaltenstherapie:

Unter Einbezug der Eltern erarbeiten wir mit dem Kind Lösungen für den Alltag. Dabei werden – je nach Ausgangslage - auch kunsttherapeutische Elemente eingesetzt, die Konfliktsituationen bildlich darstellen und mit denen Situationen sich so klarer analysieren lassen. Eltern und Kinder können gemeinsam Regeln erstellen, die dann von allen Beteiligten eingehalten werden müssen. Unter der Rubrik „Literatur“ erhalten Sie weitere Informationen zu positiven Interventionen, die das tägliche Leben erleichtern.

Attentioner

Neben Einzeltherapien bieten wir einmal pro Jahr das evaluierte Gruppentraining "Attentioner" an. Hintergrund des Gruppentrainings ist, dass die meisten Verhaltensprobleme nicht im Einzelkontakt, sondern in der Gruppe auftreten. Kindern und Jugendlichen fällt es schwer ihre Aufmerksamkeit nicht gezielt fokussieren und steuern zu können. Der "Attentioner" verzahnt neuropsychologische und verhaltenstherapeutische Therapieelemente mit dem Ziel, die Aufmerksamkeitsleistungen von 7- bis 14-jährigen Kindern wirksam zu verbessern. Die Kinder und Jugendlichen lernen, sich auf ihre Aufgaben zu konzentrieren und ablenkende unwichtige Umgebungsreize zu ignorieren. Der "Attentioner" wird von zwei geschulten Therapeutinnen begleitet, die ihrerseits auch Störungen und Ablenkungen verursachen, auf welche die Kinder nicht eingehen dürfen. Unterstützt wird dieses erwünschte Verhalten durch ein Belohnungssystem, was neben den attraktiven Therapiematerialien auch durch eine enge Verzahnung von kognitiven und verhaltensbezogenen Trainingsmodulen verstärkt wird. Das Trainingsprogramm hat sich als sehr motivierend und alltagsnah erwiesen, so dass sich Transferleistungen in den schulischen und häuslichen Alltag auch sehr deutlich zeigten. Nach jeder Sitzung erhalten die Eltern eine kurze Rückmeldung oder können auch zusätzliche individuelle Beratungsstunden in Form eines Elterntrainings buchen.

Neurofeedback
Neurofeedback ist eine spezielle Richtung des Biofeedbacks, und wird vor allem im Bereich neuronaler und psychosomatischer Beschwerden und Störungen wie ADHS, Epilepsie, Depression, Schlafstörungen, Angst- und Panikstörungen usw. angewandt.

Dabei werden zunächst die elektrischen Potentialschwankungen im Gehirn mit Hilfe von Elektroden auf der Kopfhaut abgenommen und in einem Elektroenzephalogramm (altgriech. enkephalos = Gehirn, graphein = schreiben; abgekürzt EEG) grafisch dargestellt.

So lassen sich mitunter bestimmte Symptome und Krankheitsbilder aus Anomalien im EEG herauslesen, die meistens aus einem Ungleichgewicht der Gehirnaktivität resultieren.

In einer Neurofeedback-Sitzung wird das EEG des betroffenen Kindes genutzt, um ihm seine eigenen, inneren Vorgänge im Gehirn sichtbar zu machen, wobei in der Regel verschiedene Visualisierungen zum Einsatz kommen. Zum Beispiel durch ein Videospiel, in welchem bei einem „Flipper“ durch Gehirnaktivität möglichst viele Punkte erreicht werden sollen.

Schafft es das Kind während der Sitzung, sich in einen gewünschten Zustand einzupendeln und dadurch das Geschehen auf dem Bildschirm so zu beeinflussen, dass es ein bestimmtes Ziel erreicht, aktiviert dies das Belohnungszentrum im Gehirn. Ein Lernprozess wird so in Gang gesetzt, der zu einer Verbesserung der Hirnaktivität führt.

Dieses „positive Feedback“ (= Rückmeldung) bestärkt das Gehirn darin, einen bestimmten Zustand zu halten. Durch regelmäßiges Training kann die Hirnaktivität schließlich langfristig ins Gleichgewicht gebracht werden.

Literatur:
Verhalten:

Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Verhalten (THOP; Döpfner, Schürmann & Frölich) auch als kostenlose AOK-APP (Beltz, ADHS-Kids) Wackelpeter und Trotzkopf (Döpfner, Schürmann & Lehmkuhl) Training mit aufmerksamkeitsgestörten Kindern (Lauth & Schlottke), Attentioner (Training für Kinder mit Aufmerksamkeitsstörungen; Jacobs & Petermann)

Lernen:

Thema Lernen C. Bauer & T. Hegemann, Ich schaffs! – Cool ans Ziel. Das lösungsorientierte Programm für die Arbeit mit Jugendlichen.
B. Furmann, Ich schaffs! Spielerisch und praktisch Lösungen mit Kindern finden – Das 15- Schritte-Programm für Eltern, Erzieher und Therapeuten.
E. Aust-Claus, P.-M. Hammer, ADS TopFit beim Lernen! Bedienungsanleitung für Dein Gehirn.
F. Linderkamp, S.A. Schramm, T. Hennig, ADHS bei Jugendlichen. Das Lerntraining LeJA.

Forum Legasthenie und Dyskalkulie - Bettina Kinn info@forum-kind.com Tel. (089) 41 55 34 69